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LII ZUR VOLKSKUNDE. Religionen:Veränderung unterliegt, und eine unendliche Vielheit individueller
Seelen, die ewig unveränderlich sind. Die erlösende Erkenntnis
besteht darnach in der scharfen Unterscheidung der Seele von der
Materie. Alle Systeme brahmanischer Philosophie, auf die hier
nicht näher eingegangen werden kann, bilden noch heute den Gegen-
stand
eifrigen Studiums im Kreise der indischen Gelehrten, der
Pandits, und auf den hohen Schulen, in denen, wie namentlich in
Benares (S. 221/22), die einheimische Wissenschaft gepflegt wird.

Die große geistige Bewegung, die hier kurz behandelt ist, deren
treibende Kraft das Erlösungsbedürfnis war, hat eine für Indien
bis auf den heutigen Tag sehr charakteristische Erscheinung ge-
zeitigt
: die Menge von Asketen, die unter Verzicht auf allen ir-
dischen
Besitz und auf alle Freuden der Welt, mit Vorliebe in
der Waldeinsamkeit, und zum Teil unter den unerhörtesten Selbst-
peinigungen
, dem höchsten Heil zustreben. Besonders groß
war die Zahl der im Bettlergewand das Land durchziehenden
Lehrer und der asketischen Gemeinschaften im VI. Jahrhundert
vor Chr.
, als Buddha, der Heiland, erwartet wurde und viele nach
der Buddhawürde trachteten. Das Verdienst, die Erlösungslehre
aus dem Kreise der Philosophen und Asketen in das Volk ge-
tragen
zu haben, gebührt den Stiftern des Buddhismus und der
Dschainareligion.

Der Stifter des Buddhismus wurde als Sohn eines wohl-
habenden
Stammeshäuptlings aus dem Geschlechte der Sakya in
der Stadt Kapilavatthu unfern der nepalesischen Grenze geboren.
Sein Name war Siddhattha; doch wird er häufig mit dem Beinamen
seiner Familie Gotama genannt; der Ehrentitel Buddha bedeutet
der Erwachte, der Erleuchtete. Bis zu seinem dreißigsten Lebens-
jahr
genoß er das üppige Leben des indischen Adels, heiratete und
erzeugte einen Sohn. Da ergriff ihn eines Tages das Gefühl der
Nichtigkeit alles Irdischen; er verließ seine Familie und zog als
Bettler in die Heimatlosigkeit. Die Unterweisungen brahmanischer
Lehrer und sechs Jahre lang geübte harte Askese brachten ihm
keine Befriedigung; erst nachdem er Fasten und Kasteiungen auf-
gegeben
hatte, glaubte er in einer Nacht unter einem Feigenbaume
sitzend die Erleuchtung gewonnen zu haben (S. 229). Seit diesem
entscheidenden Wendepunkt in seinem Leben hat Buddha unab-
lässig
, im Lande umherziehend und von seinen Schülern begleitet,
bis zu seinem Tode als Lehrer gewirkt mit einem ungeheuren Er-
folge
, der auf die Macht seiner Persönlichkeit, die gewinnende Art
seines Auftretens und seine volkstümliche Lehrweise zurückzuführen
ist. Er starb, 80 Jahre alt, 477 vor Chr. bei dem Orte Kusinârâ in
seinem Heimatland und wurde dort mit königlichen Ehren bestattet.

Buddha ging bei der Begründung seiner Lehre von der Über-
zeugung
aus, daß das weltliche Dasein nichts ist als Leiden. Diese
pessimistische Anschauung teilte er mit der brahmanischen Philo-